Erneuerbare Energien sind essenziell für die Dekarbonisierung unseres Energiesystems, also zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Allerdings sind sie nicht wirklich zuverlässig und die Versorgungssicherheit ist nicht automatisch gewährleistet. Denn: Wind- und Sonnenenergie sind volatil, es wird also zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich viel Energie erzeugt. Wird die gewonnene Energie nicht verwendet und kann auch nicht gespeichert werden, müssen Kraftwerke abgeregelt – also ihre Leistung reduziert – werden. Dadurch geht klimafreundlich erzeugte Energie verloren. Hier kommt die Sektorenkopplung ins Spiel: Sie leistet einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende – und damit zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele – indem sich die erneuerbare Energie effizient und vollständig in allen Sektoren nutzen lässt.
Was ist eine Sektorenkopplung?
Die Sektorenkopplung beschreibt den Prozess, verschiedene Energie- und Wirtschaftssektoren miteinander zu verknüpfen. Dazu gehören zum Beispiel Strom, Wärme, Verkehr und Industrie. So lässt sich das Potenzial der Wind- und Solarenergie optimal ausschöpfen und mit der Kopplung für die Wärmeversorgung, den Verkehr und die Industrie verwenden. Denn: Erneuerbare Energien sind abhängig von Wind und Wetter, was dazu führt, dass sie häufig zu wenig Strom produzieren. Die Synergien der unterschiedlichen Sektoren können genutzt werden, um Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung, wie die Sektorenkupplung funktionieren kann:
Ihre eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert Strom, den Sie selbst nutzen können. Damit können Sie aber auch Ihre Wärmepumpe betreiben und so mithilfe von Solarstrom Ihr Zuhause heizen. Ein Energiemanagementsystem agiert hierbei als „Zentrale“, um die Energieflüsse im System zu steuern. Dadurch kann das Energiesystem flexibler auf sich ändernde Bedingungen wie das Wetter reagieren.
Unterschiedliche Strategien der Sektorenkopplung
Es stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: auf der einen Seite die direkte Elektrifizierung der Technologien und Prozesse und auf der anderen Seite der Einsatz von – durch Elektrolyse hergestelltem – grünem Wasserstoff und Derivaten wie Ammoniak, Methanol und E-Fuels.
Ein wichtiger Begriff bei der Sektorenkopplung ist „Power-to-X“. Dahinter stecken Technologien, die überschüssige elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen in andere Energieformen umwandeln. Das „X“ steht dabei für die vielseitigen Möglichkeiten der Umwandlung, beispielsweise in chemische Energieträger, Kraftstoffe oder Wertstoffe. Dazu gehören unter anderem:
- Power-to-Heat: Hierbei wird elektrische Energie in Wärmeenergie umgewandelt und überschüssiger Strom für den Betrieb von Heizgeräten oder Wärmepumpen genutzt. Zu den Verwendungsmöglichkeiten gehören zum Beispiel auch Raumheizungen, die Warmwasserbereitung und industrielle Prozesse.
- Power-to-Gas: Bei dieser Technologie geht es um die Umwandlung von elektrischer Energie in gasförmige Energieträger. Durch Elektrolyse entstehen Energiegase aus erneuerbarem Strom, unter Aufspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff kann dann im Gasnetz gespeichert und transportiert werden.
- Power-to-Mobility: Hierbei nutzt man Überschussstrom zum Laden des E-Autos. Die E-Auto-Batterie lässt sich auch als Stromspeicher verwenden.
- Power-to-Valuables: Auch die Industrie hat Verwendung für Überschussstrom: zum Beispiel zur Erzeugung von Druckluft, chemischen Produkten oder zum Schmelzen von Metall.
- Power-to-Liquid: Bei dieser Technologie wird elektrische Energie in flüssige Energieträger, zum Beispiel Kraftstoffe, umgewandelt.
Sektorenkopplung im Wärmesektor
Im Wärmesektor gelten elektrische Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik als die Schlüsseltechnologie, um erneuerbaren Strom für die Wärmeversorgung zu nutzen. Hier kommt die Power-to-Heat-Technologie zum Einsatz.
Ein weiteres Beispiel für eine effiziente Wärmeerzeugung ist das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Mit diesem Verfahren lässt sich das in Erdgasspeichern gelagerte Gas aus Power-to-Gas-Anlagen zur hocheffizienten, gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwenden. Durch die Verbrennung eines Energieträgers bei der Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken entsteht Abwärme – diese wird bei der herkömmlichen Vorgehensweise ungenutzt an die Umwelt abgegeben. Bei der KWK hingegen koppelt man sie aus und nutzt sie über das Wärmenetz – als Nah- oder Fernwärme.
Sektorenkopplung im Verkehrssektor
Im Energiesystem der Zukunft wird es mit der Elektromobilität eine stärkere Verknüpfung zwischen Stromsektor und Verkehr geben. Erneuerbarer Strom kann im Verkehr mit unterschiedlichen Technologien genutzt werden: Power-to-Mobility, Power-to-Gas und Power-to-Liquid.
- Power-to-Mobility: Die Möglichkeit zur direkten Verwendung von Strom bietet sich vor allem im Schienenverkehr sowie bei batteriebetriebenen Fahrzeugen. Für den Güterverkehr und Langstrecken kommen zum Beispiel Oberleitungssysteme oder in den Fahrbahnen versenkte Induktionssysteme in Betracht.
- Power-to-Gas: Wasserstoff dient ebenfalls als Energiequelle für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle.
- Power-to-Liquid: Die synthetischen Kraftstoffe, die hierbei entstehen, wie Methanol und Diesel können beispielsweise für den Luftverkehr genutzt werden.
Die Vorteile der Sektorenkopplung
Die Sektorenkopplung bietet zahlreiche Vorteile. Dazu gehören:
- Mehr Flexibilität im Stromsektor: Durch die Vernetzung der Sektoren wird das Energiesystem flexibler und kann besser auf Schwankungen in der Energieerzeugung und -nachfrage reagieren.
- Versorgungssicherheit: Eine diversifizierte Energieversorgung mit verschiedenen Energieträgern erhöht die Versorgungssicherheit.
- Erhöhte Energieeffizienz: Durch die Nutzung von überschüssigem Strom für Wärme oder die Speicherung in anderen Energieträgern lässt sich die Energieeffizienz des Gesamtsystems steigern.
- Dekarbonisierung in allen Sektoren: Durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien in allen Sektoren werden die Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen deutlich verringert. Diese Reduzierung trägt maßgeblich zum Klimaschutz bei.
- Ressourcenschonung: Der geringere Verbrauch fossiler Brennstoffe schont die natürlichen Ressourcen und trägt zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung bei.
- Reduzierte Energiekosten: Langfristig können durch die Sektorenkopplung die Energiekosten gesenkt werden, da erneuerbare Energien immer günstiger werden.
Ist die Sektorenkopplung der Schlüssel zur Energiewende?
Deutschland strebt an, bis 2050 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Emissionen in allen Sektoren jedoch deutlich sinken. Dafür müssen fossile Energieträger durch erneuerbare Energien ersetzt werden – nicht nur im Stromsektor. Der Schlüssel, um unser Energiesystem zu einer erneuerbaren und effizienten Energieversorgung zu transformieren: die Sektorenkopplung. Sie steigert die Wirkungsgrade durch die hohe Elektrifizierung in mehreren Sektoren. Außerdem sorgt sie für die optimale Nutzung der erneuerbaren Energien, indem überschüssiger Strom anderweitig verwendet wird. So lassen sich Stromdefizite oder -überschüsse ausgleichen und mehr Flexibilität im Energienetz erreichen. Bisher fehlen allerdings noch die nötige Infrastruktur und passende Geschäftsmodelle – die Sektorenkopplung steht noch am Anfang.
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